Erfahrungen der Prüfer*innen mit E-Prüfungen
Zur Einstimmung auf den Bereich der Erfahrungen, die laut eigener Angabe prüfenden Personen mit E-Prüfungen gemacht hatten, wurden sie zunächst nach den eingesetzten Prüfungsformen gefragt (Mehrfachantworten waren zugelassen). Wie aufgrund des sehr hohen Anteils an klausurähnlichen Prüfungsformen in der Prüfungsdatenbank (POS) zu erwarten gewesen war, dominierten Open- und Closed-Book-Prüfungen (inkl. der Take-Home-Prüfungen) die „Hitliste“.
Planung der E-Prüfung
Um in Ansätzen zu erfassen, wie hoch der organisatorische Aufwand vor der Prüfung war, wurden Fragen zum Antrag auf eine alternative Prüfungsform und zur Gewährung eines Nachteilsausgleiches in die Umfrage eingebunden:
„Haben Sie im SoSe 2020 oder im WiSe 2020/21 mind. einmal einen Antrag auf eine alternative Prüfungsform beim Prüfungsausschuss gestellt?“
Von den 160 befragten Prüfern und Prüferinnen beantworteten 47 Personen diese Frage mit Ja, 95 mit Nein und 18 gaben an, dass dies nicht nötig gewesen sei, da z. B. die Formatwahl lt. der entsprechenden Studien- und Prüfungsordnung frei sei.
„Wie oft gab es bei Ihren Prüfungen insgesamt im SoSe 2020 und im WiSe 2020/21 Nachteilsausgleiche?“
Insgesamt gaben 114 Teilnehmer*innen an, dass sie zumindest einmal den Fall eines Nachteilsausgleichs (NTA) in ihren Prüfungen erlebt haben. Demgegenüber waren sich 56 Personen sicher, dass es bei ihnen keinen NTA gegeben hat. Die Antwort „Das weiß ich nicht.“ legt die Vermutung nahe, dass einige Prüfer und Prüferinnen sich evtl. nicht sicher über Konzept und Procedere beim NTA sind, weil sie als Prüfer*innen in jedem Fall Kenntnis davon erhielten, wenn der zuständige Prüfungsausschuss einen NTA genehmigt hätte.
Diejenigen, die mindestens ein Vorkommen eines NTA bei ihren Prüfungen hatten (114 Teilnehmer*innen), wurde im Anschluss gefragt, in welcher Form dieser NTA vom Prüfungsausschuss gewährt worden war. Als vorherrschendes Mittel zeigte sich dabei eine verlängerte Bearbeitungszeit (85-mal ausgewählt). In einigen Fällen wurde ein alternatives Prüfungsformat (18-mal) bzw. eine Prüfung in Präsenz (unter strikten Hygieneauflagen) (3-mal) festgelegt. In einzelnen Fällen wurden zusätzliche Hilfsmittel zugelassen (5-mal), eine größere Schrift eingerichtet, ein anderer Klausurtermin festgelegt oder bestimmte Prüfungsbereiche nicht geprüft.
Durchführung der E-Prüfung in Distanz
Ein kritisches Thema bei Fernprüfungen ist die Möglichkeit, dass es zu Täuschungsversuchen kommen kann, insbesondere bei Klausurformaten. Gerade dieser Aspekt wird oft als ein gewichtiger Grund gegen die Durchführung von (klausurähnlichen) Fernprüfungen genannt. Daher wurden die Prüfenden hierzu umfassend befragt.
„Wie haben Sie versucht, Täuschungsversuchen in Ihren E-Prüfungen in Distanz vorzubeugen?“
Aus den Antworten der Mehrfachauswahl wird deutlich, dass die meisten Prüfenden offensichtlich verschiedene Maßnahmen kombiniert haben, um Täuschungsversuchen vorzubeugen. Interessant ist, dass sich hierunter auch recht häufig didaktische Maßnahmen wie die Randomisierung der Antwort- und Aufgabenreihenfolge finden, obwohl maximal zwei Prüfungszyklen mit digitalen Prüfungen vorausgingen.
„Hatten Sie den begründeten Verdacht, dass es Täuschungsversuche in Ihren E-Prüfungen in Distanz gab?“
62 der 160 Prüfer und Prüferinnen bejahten diese Frage (39%), während 86 sie verneinten (54%) und 12 hier keine Angabe machten (7%).
„Woran haben Sie Ihren Verdacht festgemacht? (Stichpunkte genügen)“
Die 60 Antworten im Freitextfeld lassen sich folgendermaßen zusammenfassen (keine Angabe = 2):
- Es lagen identisch falsche Antworten vor (16 Nennungen).
- Es lagen nahezu identische Antworten vor, die nicht nachvollziehbar waren oder abwegige Lösungswege boten (10 Nennungen).
- Es lagen eindeutig mit Copy & Paste eingesetzte Antworten vor (8 Nennungen).
- Nicht die passende Antwort zur Frage bei randomisierten Aufgaben bzw. verschiedenen Klausurvarianten (7 Nennungen).
- Verdächtiges Verhalten (2 Nennungen).
Darüber hinaus wurden einzelne Verdachtsgründe angeführt, die in ihrer Annahme, sie sprächen für einen Täuschungsversuch, eher als problematisch zu bezeichnen sind. Hierzu zählen „zu viel Wissen“, „bessere Klausurnoten als in allen Jahren zuvor“, „schlechte Studierende haben auch bestanden“, „Leistungsunterschiede Seminar und Prüfung“ und „zu gute Ergebnisse“.
„Um wie viele Verdachtsfälle handelt es sich?“
Die Verdachtsfälle verteilen sich wie folgt:
1-5 |
6-10 |
11-15 |
16-20 |
21-50 |
Mehr als 50 |
Keine Antwort |
30 |
14 |
7 |
2 |
1 |
1 |
7 |
„Wie wurde(n) der Fall / die Fälle vom Prüfungsausschuss (PA) entschieden?“
30 Prüfer und Prüferinnen gaben an, dass sie den Fall bzw. die Fälle nicht dem PA gemeldet haben, da die Indizien zu dünn waren. 9 Personen wählten die Option, dass der PA den Fall bzw. die Fälle nicht als Täuschungsversuch eingestuft habe. Bei 12 Prüfenden wurden für die gemeldeten Fälle vom PA ein Täuschungsversuch festgestellt. Weitere 8 Personen gaben u. a. an,
- dass der Vorgang noch nicht abgeschlossen sei,
- dass nach Rücksprache mit dem PA eine Anzeige wegen mangelnder gerichtsfester Beweise sinnlos gewesen wäre,
- dass in ca. 20 Fällen sehr eindeutige Belege von Täuschungen nicht als solche eingestuft wurden oder
- dass der PA grundsätzlich (auch bei anderen Dozierenden) entschieden habe, Täuschungsversuche könnten nicht bewiesen werden.
Interessant ist, dass i.d.R. die Zahlen der Verdachtsfälle pro Teilnehmer*in im einstelligen Bereich liegen. Dies widerspricht zumindest in Teilen der mit großer Emotionalität vorgetragenen Annahme, bei Fernprüfungen gäbe es sehr viele Täuschungsversuche.
Wünsche an ein Prüfungsmoodle